Schinderhannes – Realität und Mythos

Man kann es drehen wie man will, der Schinderhannes, obwohl Dieb, Räuber und Mörder, ist eine positiv bekannte Figur – vor allem verherrlicht durch romantisierende Darstellungen in der Literatur und in Filmen.

Der Schinderhannes dient zudem, nicht nur in Simmern, als Werbeträger. Ein Schinderhannes-Radweg auf der alten Bahntrasse von Emmelshausen nach Simmern erfreut sich großer Beliebtheit.

Die Ausstellung im ehemaligen Turmgefängnis versucht, diese zwiespältige Entwicklung aufzuzeigen. Zu sehen ist u. a. ein Hut des Schinderhannes, seine Pistole und eine Replik des Fallbeils, mit dem er 1803 in Mainz hingerichtet wurde.

Die Ausstellung rund um den Schinderhannes finden Sie im Schinderhannesturm in der Innenstadt (Turmgasse). Der Eintritt ist frei.

Öffnungszeiten März bis Oktober
Mi – Fr     14:00 – 17:00 Uhr nur Verlies
Sa + So     10:00 – 17:00 Uhr Verlies und Turm
Führungen auf Anfrage

Karl Matthias Ernst: Schinderhannes | Mainz, 1803 | Gouache | Mainz, Stadtarchiv
Karl Matthias Ernst: Juliana Bläsius, Geliebte des Schinderhannes mit Sohn | Mainz, 1803 | Gouache | Mainz, Stadtarchiv
Karl Matthias Ernst: Schinderhannes mit Julchen und Kind | Mainz, 1803 | Kupferstich | Mainz, Stadtarchiv
Karl Matthias Ernst: Franz Bayer (gen. »Scheeler Franz«) | Mainz, 1803 | Gouache | Mainz, Stadtarchiv
Karl Matthias Ernst: Christian Reinhard (gen. »Schwarzer Jonas«) | Mainz, 1803 | Gouache | Mainz, Stadtarchiv
Karl Matthias Ernst: Philipp Klein (gen. »Husaren Philipp«) | Mainz, 1803 | Gouache | Mainz, Stadtarchiv
Karl Matthias Ernst: Johann Müller (gen. »Müllerhannes« oder »Butla«) | Mainz, 1803 | Gouache | Mainz, Stadtarchiv
Karl Matthias Ernst: Peter Hassinger | Mainz, 1803 | Gouache | Mainz, Stadtarchiv
Karl Matthias Ernst: Georg Friedrich Schulz (gen. »Schlechter Freier«) | Mainz, 1803 | Gouache | Mainz, Stadtarchiv
Überführung des Schinderhannes von Limburg nach Frankfurt | Frankfurt 1802 | kolorierter Kupferstich | Mainz, Stadtarchiv
Vorstellung der Hinrichtung des Schinderhannes | Mainz, 1803 | Holzschnitt | Mainz, Stadtarchiv
Johannes Bückler, genannt Schinderhannes | kolorierter Kupferstich | Mainz, Stadtarchiv
Juliana Bläsius – Flugblatt
Auszug aus der Lebensgeschichte des Schinderhannes als Räuberhauptmann am Rhein, verfasst den ersten Merz zu Neuwied von P.K., Gedruckt zu Kölln am Rhein | 16,3 x 10 cm | 1802
Bildnis des Schinderhannes sowie Abbildung einer Sicherheitskarte
Kupferstich 27.03.1820(?) | Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum
Druckstock einer Zeitungswerbung zum ersten Schinderhannes-Kinofilm von 1928, einem Stummfilm von Kurt Bernhard. Dieses Motiv befindet sich auf dem Deckblatt des Illustrierten Film-Kuriers von 1928 (Jg. 10, Nr. 806). Es zeigt den Schauspieler Hans Stüve als Schinderhannes mit einer Brandfackel in der erhobenen Hand.
Hut, »Schinderhanneshut« aus grünem Wollfilz mit Baumwollfutter, Lederschweißband, Federn und einer Wollkordel mit 2 Quasten; Kopfdurchmesser 18 cm, mit Krempe 35 cm, Höhe 15 cm. Diesen sogenannten »Hut des Schinderhannes« soll einer Überlieferung zufolge ein Richter aus Mainz nach der Hinrichtung des Räubers an die Familie Vacano nach Simmern geschickt haben.
Flinte mit Perkussionsschloss, sogenanntes »Schinderhannesgewehr«, vermutlich ‚modernisierte‘ ehemalige Steinschlossflinte. Österreichisch(?), um 1800, Halbschaft aus Nußholz, Kolben verkohlt, Schloss und Lauf (wohl verkürzt) aus Eisen, Garnitur aus Messing | Inschrift auf dem Schaft noch schwach erkennbar: Johannes Bückler, 1801

Lebensdaten des Schinderhannes

1777
Hochzeit von Johann Bückler und Anna Maria Schmitt, den Eltern des Schinderhannes, in Miehlen im Taunus

1778/1779
Geburt von Johannes Bückler, dem späteren Schinderhannes, in Miehlen

1784
Die Familie Bückler verlässt Miehlen, um nach Polen auszuwandern. Der Vater lässt sich in Ollmütz vom kaiserlichen Regiment Hildburghausen anwerben und wird Soldat.

21.08.1787
Der Vater desertiert.

1792
Die Familie lässt sich in Merzweiler nieder, dem Heimatort des Vaters.

1796
Sie wohnen in Veitsroth, als Schinderhannes die Familie verlässt. Er beginnt eine Lehre bei dem Abdecker Nagel in Bärenbach. Erste Diebstähle: ein Pferd, Felle und Hammel. Prügelstrafe und Haft in Kirn, Ausbruch aus der Arreststube. Zuflucht im Hochwald in Züsch und Muhl.

14. Dezember 1796
Kirner Steckbrief

9. Februar 1797
Tuchdiebstahl in Birkenfeld

20. April 1797
Verhaftung und Flucht in Muhl bei Hermeskeil

Sommer 1797
Stützpunkt in Liebshausen

22. Dezember 1797
Mord am Placken-Klos bei der Burgruine Baldenau

25. Januar 1798
Einbruch auf der Spaller Ziegelhütte

10. Juli 1798
Verhaftung in Weiden, 1 Tag Haft in Herrstein

17. Juli 1798
Transport über Idar-Oberstein nach Saarbrücken, Ausbruch in Saarbrücken

12. August 1798
Mord am Thiergarten

25. Februar 1799
Verhaftung in Schneppenbach bei Buzliese-Ami; 2 Tage in Kirn, danach Gefängnis in Simmern (Schinderhannesturm)

14. August 1799
Flucht aus Simmern

24. November 1799
Einbruch in Offenbach/Glan

18. Dezember 1799
Straßenraub am Wickenhof

5. Januar 1800
Überfall auf eine Kutsche bei Waldböckelheim

11. Januar 1800
Raubeinbruch mit Mord in Otzweiler, danach erstmalige Flucht über den Rhein

13. März 1800
Straßenraub in der Winterhauch auf jüdische Kaufleute

19. März 1800
Straßenraub bei Neubrücke in der Nähe von Nohfelden auf jüdische Kaufleute

27. März 1800
Straßenraub beim Steinhardter Hof auf den Juden Samuel Ely

12. April 1800
Schinderhannes kann sich in letzter Sekunde einer Festnahme auf dem Eigener Hof bei Hennweiler entziehen.

Ostern 1800
Schinderhannes verliebt sich in Juliana Blasius (Julchen) auf dem Wickenhof.

30. Juni 1800
»Stiefelschlacht« bei Schloßböckelheim

Juli 1800
Pässe von »Johannes durch den Wald«

24. August 1800
Erpresserbriefe an Ferdinand Stumm, den Besitzer der Asbacher Hütte

25. August 1800
Erpressung der Juden von Hottenbach und Raubüberfall in Hottenbach

26. August 1800
Schinderhannes residiert auf der Schmidtburg.

27. August 1800
Zuflucht auch auf dem Kallenfelser Hof

28. August 1800
Räuberball in Griebelschied

6. November 1800
Erpresserbriefe an die Gräfenbacher Hütte

10. Januar 1801
Überfall mit der Niederländer Bande in Würges (Taunus) auf die Posthalterei

28. Januar 1801
Raub in Merxheim

15. April 1801
Raubüberfall mit reicher Beute in Laufersweiler auf den Juden Isaak Moses

16. April 1801
Die Beute vom Vortag wird im Lemberg bei Oberhausen geteilt.

25. Mai 1801
Wirtshausschlägerei in Klein-Rohrheim, ein Soldat wird erschossen.

5. September 1801
Raubmord in Sötern im Hochwald

16. September 1801
Widerstand der Bürger bei einem Raubüberfall in Staudernheim

11. November 1801
Waldgrehweiler wehrt sich.

14. November 1801
Fehlschlag in Obermoschel und Flucht über den Rhein

14. Januar 1802
Überfall auf die Kratzmühle bei Monzingen

12. Februar 1802
Gewaltsame Erpressung im Neudorfer Hof

20. März 1802
Erpressung auf dem Montforter Hof

Mai 1802
Schinderhannes flieht über den Rhein, nennt sich Jakob Ofenloch und zieht als Händler umher.

31. Mai 1802
Schinderhannes wird in der Nähe von Wolfenhausen bei Limburg verhaftet und lässt sich als Jakob Schweikard beim Militär anwerben.

8. Juni 1802
Er wird von Zerfaß verraten.

12. Juni 1802
Schinderhannes wird nach Frankfurt transportiert und verhört.

16. Juni 1802
Auslieferung an die Franzosen, Inhaftierung im Holzturm in Mainz

19. Juni 1802 – 18. März 1803
Schinderhannes wird in 54 Einzelsitzungen verhört.

24. Oktober 1803
Prozessbeginn mit 68 Angeklagten

19. November 1803
Urteilsverkündung: 20 Todesurteile, darunter auch Schinderhannes

21. November 1803
Hinrichtung in Mainz